Beiträge von Tano Asako

    Ihre Schritte wirkten regelrecht schwebend, als sie der Älteren die langen Flure entlang folgte. Und sich dabei ertappte wie ihr Blick aus dem Augenwinkel in jedes Eck wanderte. Was auch nicht weiter verwunderlich war. Denn bisher kannte Asako das Anwesen lediglich vom Hörensagen. Jetzt jedoch wandelte sie selbst durch die alt ehrwürdigen Flure. Und hätte ihr Näschen allzu gerne in jedes Eck gesteckt. Denn auch wenn Asako ihren Blick gehorsam gen Boden gesenkt beließ. So war sie doch neugierig und vibrierte innerlich vor Aufregung. Ob die ältere Dienerin die Aufregung des Mädchens bemerkte? Und wie würde sie darauf reagieren?


    Die huschenden Schatten der anderen Dienerschaft bemerkte Asako aus dem Augenwinkel und rieb sich unbewusst über ihre Oberarme. Würde auch sie zu einem dieser lautlosen Schatten werden? Hart musste das Mädchen bei diesem Gedanken schlucken und schielte aus dem Augenwinkel in Richtung der Älteren. Und dennoch blieb sie weiterhin stumm. Auch wenn ihre Gedanken wie wild durch ihren Kopf kreisten.


    Und dann wurde ihr eine Frage gestellt, auf die Asako lediglich nicken konnte.


    “Woher wisst ihr das?


    Fragend schielte die zierliche Asiatin empor.

    Das Geräusch der Glocke war nicht zu vernehmen. Und dennoch musste die Glocke etwas oder jemanden im Inneren des pompösen Anwesens an die Porta gerufen haben. Während die junge Asako ihre Nase in den Staub drückte und das zittern unterdrückte, dass sich seinen Weg über ihre Wirbelsäule suchte. Wie lange würde man sie wohl noch im Staub der Straße knien lassen? War dies vielleicht sogar ihre erste Bewährungsprobe? Denn von einer solchen hatte ihre Mutter gesprochen. Als sie damals ihren Dienst als Dienerin angetreten hatte, musste sie einige Prüfungen durchlaufen, an deren Ende sie als Dienerin
    der Familie Itō geläutert zurück kehrte. Was waren das für Prüfungen und konnte man bei diesen Prüfungen sterben?


    Die Zeit verstrich und Asako presste ihre Nase fester in den Staub. Bis sich dann tatsächlich die Türe öffnete. Jedoch geschah dies so leise, dass das Mädchen im ersten Moment nicht wahrnahm das sie sich nicht mehr alleine vor der Porta befand. Erst die Stimme einer älteren Frau ließ sie sich erheben. Geschmeidig und elegant waren Asakos Bewegungen, als sie sich aufrichtete. Um mit gesenkten Kopf vor der älteren Dame zu verharren. Ob ihr Gegenüber ihren hastig pochenden Herzschlag dröhnen hören konnte?


    Kein Laut war währenddessen über Asakos Lippen entwichen. Lediglich ihr hastiger Atem wehte über ihre leicht geöffneten Lippen. Und doch war das Mädchen bereit der Älteren zu folgen.

    Heute war es so weit. Die junge Asako würde ihr wohlbehütetes Elternhaus, das ihr die letzten Jahre Nest und Zuflucht war, verlassen, um der ehrwürdigen Familie Itō zu dienen. Wie es der Brauch ihrer Familie vorschrieb. Denn bereits vor ihr, hatten ihre Eltern dieser ehrwürdigen Familie gedient. Und davor deren Eltern. Und jetzt war es an dem jungen Mädchen ihre Eltern stolz zu machen.


    Und dennoch hatte Asako Angst. Während sie sich von ihrer Mutter in den Kimono kleiden ließ. Dieses Kleidungsstück war lediglich mit einem Band zusammen gebunden. Und ein Zug an eben jenem Band würde Asako splitterfasernackt dastehen lassen. Summend zupfte ihre Mutter einige Strähnen aus ihrer kunstvoll aufgetürmten Frisur, die nun verspielt ihr hübsches Gesicht umrahmten.


    Schließlich folgte eine herzliche Umarmung ihrer Mutter. Während ihr Vater Glückwünsche aussprach. Denn es war eine große Ehre, zur Dienerin auserkoren zu werden. Dann verließ das Mädchen ihr Elternhaus und trat zum letzten mal über die Schwelle. Ein letzter Blick über die Schulter, in Richtung ihrer Eltern folgte und Asako hob zögernd ihre schmale Hand zum Abschied. Ihre Eltern blickten ihrem einzigen Kind noch lange nach. Während das Mädchen tief durchatmete und sich schließlich dem Dienstboteneingang des Anwesens näherte. Ein Zug an der Glocke sollte ihr Kommen ankündigen. Da sank sie auch schon zu Boden und verneigte sich formvollendend.